Anime salve

Anime salve
Alban Allegro entwickelte seine zeitgenössische Malerei hauptsächlich in Italien. Er ist ein Anhänger der italienischen Transavanguardia-Bewegung, die eine Rückbesinnung auf eine zugleich figurative und phantasiereiche Malerei fordert. Die Bewegung will die Sensibilität des jeweiligen Künstlers weitergeben.

Seine Malerei evoziert eine Verbindung zur Vergangenheit. Der Künstler zeigt ein Werk, das sequenziert ist, dessen Einzelelemente aber nicht unbedingt einen narrativen Diskurs bilden. Die meisten seiner Werke bestehen aus verstreuten Motiven; es gibt keinen Mittelpunkt und die Elemente sind willkürlich über das gesamte Gemälde verteilt. Trotz allem lässt sich ein fragiles Gleichgewicht erkennen und der narrative Aspekt des Bildes funktioniert. Tatsächlich verfügt jedes seiner Werke über eine eigene Grammatik und ein Bestiarium überlagerter Elemente, die durch einige primitive und archaische Zeichen ergänzt werden. Jedes Element trägt durch Schichtungseffekte, durch die Materie und durch die Durchsichtigkeit zur Geschichte des Gemäldes bei.

Das Gemälde Anime salve fügt sich in ein Gesamtwerk ein, das anlässlich der Ausstellung A même le temps vom 11. Mai bis zum 24. Juni 2012 in der Ferme-Asile in Sitten gezeigt wurde. An diesem Anlass stellte der Künstler die Werke seiner Schaffensperiode von 1985 bis 2012 aus. Jedes Bild ist einzigartig und impliziert unzählige Möglichkeiten. Er arbeitet beispielsweise mit dem Thema der umgedrehten Leinwände, was einen Diskurs über die Erinnerung in Gang setzt. Ein Hauptkonzept ist Chronos, ein Begriff, der für den Zeitfluss steht und die persönlichen Erinnerungen der Betrachter miteinbezieht. Dieser Begriff steht in Widerspruch zum Kairos, dem richtigen Zeitpunkt.

In diesem Werk gedenkt der Künstler der in Italien gesehenen Werke. Das wiederkehrende Kreuzsymbol und die Heiligenscheine über den Figuren sind eine Reminiszenz an seine Ausbildung in Florenz. Es handelt sich bei seinen niemals statisch wirkenden Figuren um einen wohl unbewussten, verschmitzten Gruss an italienische Künstler der Vorrenaissance wie Giotto oder Cimabue. Der Nachen wird mehrere Male thematisiert und gehört somit zu den wiederkehrenden Motiven des Künstlers. Allegro selbst betrachtet das Werk als erschöpft. Er meint damit, er habe sämtliche Substanz aus ihm herausgeschöpft. Die asymmetrische Narration des Gemäldes bietet Raum für Interpretationen: Das Motiv des Nachens evoziert den Übergang vom Leben in den Tod und regt gleichsam an, sich mit der Frage des Seins auseinanderzusetzen. Die grosse, weisse Erscheinung auf der linken Seite der Leinwand ist das Licht, das sich anschickt, die umherirrenden Seelen zu erfüllen und zu erlösen. Durch den spielerischen Umgang mit der Materie auf der gesamten Leinwand entsteht der Eindruck, das Gemälde werde unvollendet bleiben, weshalb der Künstler selbst meint, es handle sich um eine überlegte Unvollendung.

Quellen: A même le temps, Alban Allegro, Catalogue d’exposition de la Ferme-Asile du 11 mai au 24 juin 2012, Sion; Gespräch mit dem Künstler im November 2016.

Allegro Alban

Alban Allegro wurde 1957 in Grône geboren. Er brachte sich die Malerei im Selbststudium bei, reiste nach Florenz und beendete dort seine Ausbildung. 1980 arbeitete er im Atelier Professor Silvio Loffredos an der Kunstakademie in Florenz. Zwischen 1982 und 1984 hielt er sich in Paris und Genf auf bevor es ihn zurück nach Florenz zog, wo er in Professor Fernando Farullis Atelier arbeitete und 1988 sein Diplom erhielt. Seither stellt er seine Werke in ganz Europa aus und erhielt 1992 in Zürich den Anker-Preis. Er lebte und arbeitete in Florenz bis er 2002 ins Wallis zurückkam, wo er über ein Atelier im Kunst- und Kulturbereich der Ferme-Asile in Sitten verfügt. Zurzeit lehrt er zudem an der Berufsschule für Zeitgenössische Kunst (EPAC) in Saxon.

Mehr