Der blaue Berg

Gottfried Trittens Leben wurde von der Kindheit bis zu seiner Niederlassung im Wallis durch das Bergmotiv geprägt. Der Künstler zeigt in Der blaue Berg einen Pyramiden-Gipfel, der in seiner einfachsten Form wiedergegeben wird – dem Dreieck. Das gleichschenkelige Dreieck steht für den Niesen, der den Thunersee überragt. Es handelt sich um ein wiederkehrendes Thema im Werk des Künstlers, das er aber immer wieder neu verarbeitet. Der Berg der Unruhe ausstrahlt und zugleich für Sehnsucht nach der Natur steht, offenbart ein bewegtes Innenleben und ein ruhiges, durch das Hellblau des Hintergrunds hervorgehobenes Aussenleben.

Die schnurgerade Struktur begrenzt die Konturen. Im Zentrum lässt sich der Künstler durch das amerikanische Action Painting beeinflussen. Die grossen, schwarzen Bänder sind tatsächlich breite Pinselstriche. Die Farbpalette, obschon auf drei Nuancen beschränkt, ist im Inneren des Dreiecks verteilt. Die kontrastierenden Gegensätze zwischen Schwarz/Weiss und dem blauen Hintergrund gehören zur Hauptpalette des Künstlers. In der Mitte erkennt man Spuren von Blau und Schwarz, die durch das Kleben des Papiers eingefügt wurden, und die weissen, farblosen Öffnungen bringen Licht in das Gemälde.

Auch dem Blau kommt eine Bedeutung zu: Wie eine Art Himmel symbolisiert es die Leere der Luft, aber ebenso steht es für Zenphilosophie und Ganzheit, also die Ziele, die der Künstler erreichen will. Im Mittelalter wurde es durch zerstossenen Lapislazuli gewonnen, weswegen es als wertvolles Pigment galt. Das Auftreten von Acrylverbindungen im 19. Jahrhundert revolutionierte das Schaffen der Künstler: Schnelles Trocknen und die Widerstandsfähigkeit der neuentdeckten chemischen Verbindung erlaubten eine grössere Malproduktion. 

Der Künstler lässt auch Schrift in sein Gemälde einfliessen, gleich oberhalb der Signatur. Leider ist der Schriftzug nur schwer zu entziffern, aber der Verwendung von Kalligraphie lässt japanische Vorbilder durchscheinen. Zum Beschreiben der Oberfläche benutzt er eine mit einer Kanüle versehene kleine Plastikflasche. Es handelt bei der Beschriftung wohl entweder um eine Widmung oder um den Titel des Gemäldes.

 


Quelle: Michel Gaillard, La montagne bleue : hommage à Hölderlin : dossier pédagogique, Musées cantonaux du Valais, 1987

Tritten Gottfried

Gottfried Tritten wird am 13. Dezember 1923 in Lenk im Kanton Bern geboren. Seine Jugend verbringt er in der Berglandschaft des Simmentals. Nach bestandener Matura studiert er von 1943 bis 1948 an der Kunsthochschule in Basel und schliesst mit einem Diplom als Zeichenlehrer ab.

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