Frau mit blauem Tuch

Albert Chavaz' Kunst hat sich geläutert. Nachdem der Maler alle Möglichkeiten des Figurativen erprobt hatte, war er im Vollbesitz seiner Mittel. Fortan drückte er sich in einer persönlichen Sprache aus, die seinen Stil als musterhaft erscheinen liess. 
Er vereinfacht die Form, indem er sie auf Flächen zurückführt, hebt die Masse des Hauptmotivs durch Silhouettierung vom bewusst hell gehaltenen Hintergrund ab, reduziert diesen auf die einfachsten Formelemente, d. h. auf kaum differenzierte chromatische Streifen, die den Vordergrund zur Geltung bringen, und beschränkt sich auf das Wesentliche, das nicht mehr durch einen mit beliebigen Inhalten beladenen Hintergrund beeinträchtigt wird. 
Die eindrucksvolle und doch unkörperlich wirkende Figur der alterslosen Frau mit dem starren, maskenhaften Ausdruck ist das alleinige Thema dieser Komposition, deren Strenge und Nüchternheit spröde anmutet. Der Verzicht auf lebhafte und einschmeichelnde Farben verstärkt den Eindruck malerischer Askese. Chavaz bekräftigt hier mit äusserstem Nachdruck seine Absicht, der Folklore keinerlei Zugeständnisse zu machen, obwohl diese in jeder Einzelheit des Kleides, das die Bäuerin trägt, gegenwärtig ist. Wenn man aber genauer hinsieht, entdeckt man die Feinheiten des Farbauftrags, insbesondere die sorgfältig abgestuften Töne des Kopftuchs und der Schürze. Es sind die einzigen farblichen Akzente dieser Komposition, die eine eindrucksvolle Grösse erreicht. Durch die Zeitlosigkeit, die er dieser einfachen Figur verlieh, wurde Chavaz, den zahlreiche Walliser Künstler nachzuahmen versuchten, im vorliegenden Beispiel zum unerreichbaren Vorbild.
 

Chavaz Albert

Albert Chavaz wurde am 6. Dezember 1907 in Genf geboren. Er absolvierte in der Bäckerei seines Vaters eine zweijährige Lehre. Von 1927 bis 1932 studierte er an der Ecole des Beaux-Arts in Genf bei Fernand Bovy und Philippe Hainard.

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