Riffelsee

Die Fallstricke der Hochgebirgsmalerei sind mannigfaltig und für denjenigen, der vorgibt, sich der Kunst zu widmen, ebenso gefährlich wie das Gebirge selbst. Die Zeitschriften der Alpenclubs bieten eine Fülle löblicher Beispiele, die jedoch die Kunstgeschichte um kein einziges Ruhmesblatt bereichern. Pickel und Pinsel haben sich nur selten gut vertragen. 
Sogar der Urheber des auf der gegenüberliegenden Seite wiedergegebenen kleinformatigen Bildes entgeht diesem strengen Urteil nicht, obwohl er fast sein ganzes Malerleben lang die Pracht der Alpen im allgemeinen und des Matterhorns im besonderen gefeiert hat. Den Namen Gos nennen heisst im gleichen Atemzug die mythische Figur des berühmtesten Gipfels der Alpen erwähnen. Der Genfer Künstler hat von ihm über hundert Ansichten gestaltet, die ihn weltweit bekannt machten. 
In diesem kleinformatigen Bild, das keinen topographischen Anhaltspunkt bietet, ist alles rätselhaft. Just in dem Augenblick, da sich der Künstler vom Sujet loszusagen scheint, um in völliger Freiheit zu arbeiten, dringt man ins Herz des Gebirges ein, dessen Beschwörung stärker ist als die Natur. Die reine Malerei hat über die Fleissarbeit und die sklavische Nachahmung die Oberhand gewonnen. Doch da geschieht ein Wunder: Die farbigen Spuren des Pinsels evozieren den Fels, das Wasser, das Eis und selbst die Vögel – es sind Dohlen - viel überzeugender, als wenn der Künstler eine ausgesprochen abbildende Ausdrucksform verwendet hätte. Die Macht der Evokation sublimiert das Bild.

Gos Albert

Albert Gos wurde am 6. April 1852 in Genf geboren. Er belegte zuerst am Konservatorium seiner Geburtsstadt Violinstunden und musizierte zusammen mit Frau Alexandre Calame. 

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