Corps et âme V (Körper und Seele V)

Nach Art der grossen Maler der Abstraktion wie Wassily Kandinsky und Marc Rothko verweigert die abstrakte Malerei von Marie Gailland die Nachahmung einer figurativen Welt. Wenn die Künstlerin ihre innere Gefühlswelt zum Ausdruck bringt und auf ihrer Leinwand zum Vorschein bringt, verleiht sie ihrer Malerei die gleiche Bedeutung wie ihren eigenen Gefühlen.

Gegen Ende der 80er-Jahre nimmt das malerische Schaffen von Marie Gailland eine Wende hin zur Abstraktion, als sie ein vermehrtes Bedürfnis nach spiritueller Erhebung verspürt. Die Serie, zu welcher das Werk Corps et âme V gehört, ist Teil des ersten abstrakten Zyklus' der Künstlerin mit dem Titel Abstractions spirituelles. Ihre Bilder über die Suche nach einer philosophischen Dimension gehen über die bildliche Darstellung hinaus und zeigen eine Entwicklung in ihrer Malerei auf.

Das in der Komposition des Gemäldes verwendete Rot und Blau nehmen Bezug auf die Forschungen der Künstlerin, die mit den Farben ihrer persönlichen Metaphysik zusammenhängen: die Abszisse des Körpers (das Rot) und die Ordinate der Seele (das Blau) sind die Achsen, die ihrer Weltauffassung eine Struktur geben. Auch der Titel des Bildes verweist auf eine spirituelle Dimension, welche durch die konstitutiven Elemente des Bildes suggeriert wird. Das Rot, welches für Sinnlichkeit und fleischlichen Instinkt steht, erinnert auch an das Blut, das Fleisch und den Wandel des Lebens. Das Blau steht seinerseits für Stille, Lauschen, Mysterium und Spiritualität.

Links von der Komposition sind Elemente von Rot zu sehen, welche in kleinen Strichen in den Blaubereich eindringen. Dieses Detail ist wichtig, weil es dem Ganzen eine Struktur gibt. Durch das Einfügen vertrauter und konkreter Elemente in das Innere der spirituellen Fläche stellt die Künstlerin die feine Abgrenzung zwischen dem Fleischlichen und dem Spirituellen dar. Mit der Verwendung von Collagen und Sand sollen die Elemente des Realen auf Leinwand festgehalten werden. Die Darstellung des Körpers wird hier durch das auf der Oberfläche angebrachte Rohmaterial zur Geltung gebracht. Die verschiedenen eingebrachten Elemente zeigen, wie reichhaltig und vielfältig Marie Gaillands Werk ist.

Das intensive Licht, das von ihren Leinwänden ausgeht, stammt von den Tonalitätskontrasten der verwendeten Farben. Die für das Rot und Blau verwendete Acrylfarbe ist besonders leuchtend und schafft einen Kontrast zur schwarzen Form in der Mitte. Wie ein Schatten lässt die dunklere Stelle die Bewegungen der Seele und des Gedankens kreisen und fordert den Geist auf, die Grenze zwischen ihnen zu überschreiten.

Nach Art der automatischen Malerei der Surrealisten experimentiert sie mit neuen Strukturen. Durch das Anbringen von Materie-Effekten auf Leinwand mittels Sand und ihrer Pinselspitze schafft sie nämlich eine Verbindung zwischen den Farbflächen des Blaus und des Rots - eine Verbindung zwischen Körper und Seele.

Gailland Marie

Marie Gailland ist am 25. Mai 1954 in Martigny geboren. Von der Welt der Zeichnerei und der Malerei fasziniert, beginnt sie 1972 ihre Ausbildung an der École des Beaux-arts in Sitten und besucht danach die Beaux-Arts, die Grande Chaumière und den Cours Jean Calvin in Paris. Nach ihrer Rückkehr ins Wallis im Jahr 1976 macht sie ihre erste Ausstellung in der Galerie du Vieux-Villeneuve und stellt seither immer wieder aus.

 

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