Der Montorgesee

Von den lebenden Walliser Künstlern ist Charles Menge der volkstümlichste und der am meisten geschätzte. Diesen Erfolg verdankt er allerdings Umständen, die mit dem vorliegenden Werk nur entfernt zu tun haben. Das Bild gehört zu seinen ersten Arbeiten und entbehrt noch des Gewimmels winziger Figuren, die schon bald seine Kompositionen belebten und ihnen einen angenehmen, aber etwas zu anekdotischen Illustrationscharakter gaben. 
Der Künstler hat seine Staffelei in einer idyllischen Gegend aufgestellt, die ihm wohlvertraut ist: am Montorgesee oberhalb von Sitten. Die anspruchslose Komposition beschwört auf poetische Weise eine bukolische Stimmung. Die ganze Szenerie hüllt sich in ein reich abgestuftes Grün, das nur durch das Rot des Hauses unterbrochen wird. Doch die Spiegelung mildert die Gegenwart dieses Fremdkörpers und lässt ihn in der Oberfläche des Wassers verschwimmen. 
Menge ist vor allem ein Erzähler. Er erzählt fürs Leben gern und geizt dabei nicht mit Einzelheiten. In unserem Beispiel übt der Künstler mit der unversieglichen Phantasie eine ungewöhnliche Zurückhaltung. Nichts stört den Frieden dieser Landschaft. In diesem impressionistisch anmutenden Gemälde, das zwischen Cézanne und Renoir schwankt, scheint die Zeit stillzustehen. Der junge Künstler hat dermassen spontan gearbeitet, dass die rauhe Haut der Leinwand, die er mit dem Pinsel gewissermassen gestreichelt hat, sichtbar bleibt. Daher vermittelt das Bild den Eindruck einer grossen Frische und das Gefühl einer überzeugenden Echtheit.

Menge Charles

Charles Menge wurde am 16. April 1920 in Granges (Wallis) geboren. Mit sechzehn ging er nach Genf, wo er an der Kunstgewerbeschule und der Ecole des Beaux-Arts den Unterricht von Haberjahn, Blondin und Jacobi besuchte.

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