Getreideernte in Lens

Die Tätigkeiten, die mit dem ländlichen Leben verbunden sind, stellen für den Künstler, der aus der Stadt kommt, ein unerschöpfliches Thema dar, in dem die bukolische Schilderung und die moralisierende Absicht ineinanderfliessen. Sie erlauben, die körperlichen und moralischen Wohltaten der Arbeit in der freien Natur zu preisen, und inspirieren zu einer Fülle von Szenen, die der Heu-, der Getreide-, der Weinernte und anderen Feldarbeiten gewidmet sind. Diese Themen kehren im Werk Albert Murets immer wieder. 
Im Jahre 1901 entdeckte der Künstler in Begleitung René Auberjonois', mit dem er die Pariser Akademien besucht hatte, das Dorf Lens. Im folgenden Jahr liess er sich dort nieder und blieb bis 1917. Auberjonois und der Schriftsteller Charles-Ferdinand Ramuz, der seinen Roman Jean-Luc der Verfolgte in dieser Gegend spielen liess, kehrten regelmässig bei ihm ein. Dank der Intensität und der Qualität des Schaffens der drei Künstler ging der Name Lens in die Geschichte ein. Um dieser fruchtbaren Jahre zu gedenken, erwarb die Gemeinde eine repräsentative Auswahl von Murets Werken und brachte eine Tafel an, die an die Aufenthalte des Dichters erinnert. 
Obwohl Muret seinem Bild den Titel Getreideernte gibt und damit den Akzent auf den Vorgang legt, komponiert er in erster Linie eine Landschaft, in deren Hintergrund man zwischen den zwei weissen Wolken die Kirche und ein paar Häuser von Lens errät. Erst auf den zweiten Blick nimmt man die Personen im Vordergrund wahr. Die gespielte Naivität und Unbeholfenheit der Maltechnik verrät die Verwandtschaft mit Auberjonois. Die angeschnittene Figur des Mannes, der das Maultier belädt, und die Perspektive des übermässig in die Länge gezogenen Kornfeldes, das einem goldenen Strom gleicht, verstärken den Eindruck, dass es sich um eine kunstvolle Komposition handelt. Das Monogramm knüpft an einen alten Brauch an und unterstreicht den manieristischen Charakter des Werkes. Muret pflegt die Kunst des Raffinements wie Auberjonois bis zu dem Punkt, wo sie zur Herausforderung wird. Sein Gemälde ist nicht so sehr ein Bild als vielmehr der Reflex eines Stils.
 

Muret Albert

Albert Muret wurde am 1. Juni 1874 in Morges geboren. Er schrieb sich an der Ecole des Arts Industriels von Genf ein. Von 1894 bis 1899 weilte er in Paris. Hier studierte er bei Benjamin Constant und Jean-Paul Laurens, später bei Luc-Olivier Merson.

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