Ruhe auf dem Land bei Sonnenuntergang

Öl auf Leinwand, 71,5 x 127 cm
Diese wunderbare Aussicht von der Hochebene von Savièse aus kombiniert harmonisch Alpenlandschaft und ländliches Idyll. In den Bergen im Hintergrund bricht der Abend herein, erkennbar an der bemerkenswerten Komplementarität von Orange und Blau, der sinkenden Sonne und den sich abkühlenden Gipfeln. Die Arbeit auf dem Feld ist getan, man sieht das Ergebnis im Vordergrund am bearbeiteten Boden mit den schnurgeraden Furchen in der Dämmerung. Die frisch gepflügte Erde glänzt noch feucht. Um ein Feuer sitzen drei Kinder, ein Knabe, ein Mädchen und ein ganz kleines Mädchen. Sie hüten die Ziegen, die man ganz links errät, eine Aufgabe, die damals in der Regel Kindern zugeteilt wurde. Das Mädchen trägt eine weisse Bluse unter dem gestreiften cotën und einen flachen Hut, wie er 1916 in Savièse noch üblich war. Was tut sie? Wahrscheinlich strickt sie. So wie es Anne-Gabrielle Bretz-Héritier, Autorin einer Enzyklopädie über die Tracht von Savièse, beschreibt, «blieb das weibliche Geschlecht nie lange untätig. Es wurde gestrickt, sobald die Hände frei waren». Der Junge trägt ein weisses Hemd aus Hanfleinen unter dem wollenen Gilet. Um die Taille ist ein blauer Gurt geschlungen, wie er für Werktage üblich war, während der ouacöo genannte Festtagsgurt mehrfarbig ist. Der zwei bis drei Meter lange Gurt wird zweimal um den Körper geschlungen und vorne geknotet. Das kleine Mädchen trägt ein begyën, ein Häubchen. Eine der Ziegen, die weisse, hat ein canée um den Hals, ein Halsband aus Haselholz. Langsam bricht der Abend herein, Friede herrscht im Himmel und auf Erden, ein magischer Moment. Dass der Künstler die sanfte Ruhe der Arbeit vorzog, die Jugend den Spuren des Alters, rührt von diesem Streben der Schule von Savièse her, das Wallis im besten Licht darzustellen, die tägliche Mühsal auszublenden, die die raue Natur des Vieux Pays seinen Bewohnern aufzwingt.

 

Van Muyden Henri

Nach einer Banklehre in Liverpool liess sich der Genfer van Muyden zuerst in der Académie Julian in Paris, anschliessend bei Barthélemy Menn in Genf und schliesslich bei Jean-Paul Laurens in Paris ausbilden. Bald wandte er sich naturalistischen Motiven zu und malte Landschaften, Porträts und Genreszenen. 1893 gewann er in Genf den Concours Calame.

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