Les noyers à Savièse (Nussbäume in Savièse)

Der für seine Frauenfiguren bekannte Maler Otto Vautier konnte sich auch mit seinem Talent als Landschaftsmaler brüsten, ein wenig bekannter Aspekt seines Schaffens. Seine allgemeine Empfänglichkeit für die vergänglichsten Elemente der Natur gab ihm die Möglichkeit zum Herumexperimentieren und ermöglichte ihm die Aufnahme in die Malerkolonie der Schule von Savièse.

Auf Anraten seines Freundes Biéler entdeckte Vautier mit ihm die Walliser Mittelhochlandschaften. Die Bilder der Schule von Savièse fokussieren sich auf die Bergbauern, die der industriellen Revolution von 1900 fern geblieben sind und das Bild vom Wallis auf eine ideelle Gesellschaft ausserhalb der Zeit reduzieren. Vautier, dessen Haltung als Tourist keine Zweifel offen lässt, nutzte die wirtschaftlichen und touristischen Entwicklungen von damals, um Les Mayens-de-Sion, Evolène und Savièse zu besuchen.

Die Umgestaltung der Realität ist typisch für diese Gesellschaft kantonsfremder Künstler, welche ein idealisiertes Bild von der Region und von ihrem ländlichen Leben malten. Vautiers Werk Les noyers à Savièse macht da keine Ausnahme, welches durch eine Untersicht ein spezielles Bild von der Landschaft, nämlich Nussbaumhaine, zeigt, wo die Bäume in einem Gebiet zwischen 800 und 1500 Metern über Meer angeordnet sind. Das gleiche Bild zeigt sich in einem anderen Werk von Vautier mit dem Titel l’Orpheline (die Waise). Damit wird dieses Gemälde in die Reihe des Walliser Schaffens des Künstlers eingegliedert. Trotz der durch die Komposition bedingten Schwerpunktsetzung auf die natürlichen Elemente lädt die Präsenz der Häuser zu einer Annäherung zwischen Land und Leute ein.

Dank den helleren Farbtönen der Seitenwand des obersten Hauses und den bläulichen Schatten der Nussbäume ist die von links kommende direkte Lichtquelle leicht zu erkennen. Die Lichtspiele lassen vermuten, dass die Sonne vom Südwesten her kommt und dass sich die Szene zum Zeitpunkt des Sonnenuntergangs abspielt. Diese Temporalität wird durch die Komplementarität der Farben verstärkt, welche die Kälte des Blaus den orangefarbenen Dominanten der braunen Farbtöne und der Bodenerhebungen gegenüberstellen. Dieser Kontrast erzeugt zugleich den Eindruck von Wärme und Kälte, ein typischer Abend zu Frühjahrsbeginn.

Vautiers typischer und quasi impressionistischer Stil auf diesem Gemälde zeigt eine Landschaft, die noch immer durch das Winterende geschwächt und von der Atmosphäre der ländlichen Gesellschaft geprägt ist. Auf ihren wirtschaftlichen Kontext bezogen, ist die gesamte Umgebung in der Veränderung begriffen. Im Gemälde bleibt dies aber unerkennbar.

Vautier Otto

Otto Vautier ist am 9. September 1863 in Düsseldorf geboren. Sein Vater, der Schweizer Maler Benjamin Vautier, welcher aus einer Künstlerfamilie stammte, war in Deutschland etabliert, wo er an der Kunstakademie von Düsseldorf unterrichtete. Otto Vautier studierte zuerst in der Rheinstadt, bevor er Fritz von Uhde und den Künstlern der Dachauer Malschule in München begegnete.

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