Suchen wir nicht nach dem Ende

Marie-Antoinette Gorrets künstlerisches Schaffen zeichnet sich durch eine neuartige Technik aus. Dank ihrer Ausbildung in angewandter Kunst hat sie keine Scheu mit neuen Kunstformen zu experimentieren und dabei auch von den herkömmlichen Pfaden abzuweichen. Zwischen 1997 und 2007 trug sie ihre Kunst hinaus ins Freie und stellte ihre Werke im öffentlichen Raum aus: Skulpturen, Fresken, aber auch Plakate.

Das Werk Suchen wir nicht nach dem Ende ist eines der 72 Gemälde, die im Siebdruckverfahren vervielfältigt wurden. Die Künstlerin ging von der Tatsache aus, dass Kunst nicht für jedermann gleichermassen erreichbar ist, weswegen sie eine Plakatkampagne der besonderen Art entwarf. Sie hatte den Einfall, dem Publikum Bilder ohne jeglichen kommerziellen Bezug vorzusetzen, die aber ansonsten dem Format von Werbeplakaten entsprechen. Die maschinelle Vervielfältigung mittels Siebdruckverfahren sollte die nötige Distanz schaffen, um sich von der Darstellung des Werks lösen zu können. Der Entscheid ihre Ideen in einem neuen Ortskontext, dem Strassenbild, zu präsentieren, verleiht den Plakaten einen neuen Zweck, indem sich narratives Element und suggestive Bildsprache vermengen. Dadurch befreien sich die Poster von ihrem ursprünglichen Wesen und regen zum Nachdenken an. Gleichzeitig betrachtet das Publikum sie aber auch nicht auf dieselbe Weise wie ein Kunstwerk. Es muss sich Zeit nehmen, um sie zu beobachten und zu interpretieren, wenn es ihnen im Alltag unvermittelt begegnet.

Gorrets Plakat-Gemälde stechen sofort hervor und zeigen das Gewicht der Zeichnung und die Wirkung der dargestellten Menschen. Die teils heiteren, teils traurigen Botschaften dieser ehrlichen Malerei sollen zum Nachdenken anregen und zum Schmunzeln bringen: Suchen wir nicht nach dem Ende funktioniert wie alle anderen Werke der Serie. Ein sehr ausdrucksstarker Hintergrund, auf dem graphische Figuren dargestellt werden, die halb Mensch halb Kerze sind. Die Gruppe wird durch eine schwarzgehaltene philosophische Botschaft ergänzt, die über den Figuren steht und mit dem orangen Hintergrund kontrastiert. Auf ironische Weise liegt der Zweck des Werkes nicht darin, ein Gemälde zur erschaffen, sondern ein Modell. Es soll nicht im eigentlichen Sinne plakatiert werden ...

Quellen: Marie-Antoinette Gorret, Martinach, Fondation Pierre Gianadda, 1982; Bernard Wyder. Affiches valaisannes = Walliser Plakate. 2004. Ss. 164-169; Gespräche mit der Künstlerin im Dezember 2016

Gorret Marie-Antoinette

Marie-Antoinette Gorret wurde am 8. Juli 1956 in Martinach geboren. Sie besuchte ab 1972 die Kunstschule in Sitten und machte 1976 ihren Abschluss (Kunst) und einen weiteren 1980 (Angewandte Kunst-Graphik). 1982 wurde sie als erste Malerin in der Fondation Pierre Gianadda ausgestellt.

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